Zwitschern im Urwald von morgen

Klasse 9 auf Exkursion im Buchenwald Grumsin

Die Weltnaturerbestätte Grumsin wird 10 Jahre. Gefeiert wird mit speziell entwickelten Bildungsprogrammen in Form von Exkursionen für Schulklassen aus nah und fern. Mutig meldete sich die 9. Kasse an – und war Corona-bedingt die einzige Klasse, die zum Ende des Schuljahres 2020/21 eine solche festliche Exkursion erleben durfte.

Alles wurde bestens von der Naturwacht organisiert, selbst um die Anfahrt mussten wir uns nicht sorgen: Die Johanniter brachten uns mit dem Bus vom FJG nach Altkünkendorf. Dort empfing uns die Naturwächterin Nadine Erdmann. In amerikanischen Filmen würde sie als „Ranger“ bezeichnet und schnell wurde klar, dass sie nicht nur viel über den Grumsin weiß, sondern dass er ihr auch sehr am Herzen liegt – und dass sie so eine Gruppe Jugendlicher sehr gut im Griff hat.

In einem Open-Air-Gespräch mit Frau Erdmann auf dem Rasen am Info-Punkt wurden wir alle aufgefordert zu überlegen, was wir als schützenswert empfinden. Da das natürlich für jeden etwas anders bedeutet, war das für den einen sein Bett, liebe Menschen aus dem Familien- und Freundeskreis, aber auch kleine ländliche Kostbarkeiten aus dem direkten Umfeld der Schüler fanden Erwähnung. Und hier nun ein Buchenwald. Wir erfuhren, dass der Wald seit 20 Jahren nicht mehr wirtschaftlich genutzt wird und sich unter Aufsicht selbst entfalten darf. Betreten darf man ihn nur über die markierten Wanderwege, in die Kernzone darf man gar nicht eindringen. Denn dort soll der Urwald von morgen entstehen…

Bevor es richtig rein in den Wald ging, bekamen wir einen Crashkurs in Sachen Orientierung: Wie war das nochmal mit den Himmelsrichtungen? Und kann man das nicht irgendwie am Stand der Sonne ablesen? „Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt die ihren Lauf…“, der Spruch war bekannt und so fanden wir uns OHNE Handy mit Sonne und Karte prima zurecht.

Unsere Wanderung wurde durch viele Stationen sehr lebendig. Beim „Aktiven Zuhören“ zum Beispiel haben wir 22 verschiedenen Geräusche zusammengetragen: Vögel, Balkenmäher, Fußtritte, Grillenzirpen, Steinchen, Hüsteln und Kichern… wir waren sehr erstaunt! Auch die „Baumumarmung“ war faszinierend: Nachdem man blind zu einem Baum geführt und diesen ausgiebig mit den Händen erkundet hat, war es fast allen möglich, genau diesen Baum wiederzufinden. Eine großartige Erkenntnis, dass jeder Baum einzigartig ist, dass man wirklich fühlt, wenn man seinen Baum gefunden hat.

Der größte Teil der Exkursion bestand in der Erforschung heimischer Singvögel. In Gruppen wurden typische Vögel des Grumsins beobachtet,  beschrieben und skizziert, Besonderheiten erkannt und herausgearbeitet – alles wichtige wissenschaftliche Arbeitsweisen, die natürlich im Wald mehr Spaß machen als im Klassenzimmer. Die Gruppen stellten einander Kernbeißer, Pirol, Waldlaubsänger, Specht und Buchfink vor und wir bekamen noch jede Menge Hintergrundinfos zu den Vögeln.

 

Nach einer Pause am Bukowsee erfuhren wir, wie Forschung im Grumsin funktionieren kann: Wie viele Bäume gibt es und welchen Umfang haben sie eigentlich? Das kann man nur händisch herausfinden, also haben wir erst geschätzt, dann einige Bäume vermessen – etwas, was die Naturwächter in Zusammenarbeit mit der HNE Eberswalde gerade machen. Bei dieser Untersuchung kam zum Beispiel heraus, dass in einem Wirtschaftswald die Bäume in einem Gebiet häufig im gleichen Alter, also gleich groß sind – im Grumsin hingegen entwickelt sich ein (Ur-)Waldstruktur, in der alle Baumalter und -größen vorhanden sind. Dadurch erhöht sich die Diversität der Waldbewohner enorm. So zum Beispiel gibt es hier Mückenarten wie sonst nirgends auf der Welt…

Da die Exkursion so begeisternd war, freuen wir uns darauf, im Frühjahr mit anderen Klassen wieder im Grumsin zu Gast zu sein.

Dr. Pánja Köppen-Rung